Wolfsriss in Voerde
In der Nacht auf den 13.03.2023 ereignete sich in den frühen Morgenstunden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Wolfsriss auf der Rönskenstraße in Voerde. Hierbei wurden vier tragende Schafe getötet, eins ist nicht auffindbar. Die Weide liegt unmittelbar in der Siedlung Voerde-Holthausen und ist umgeben von Wohnhäusern. Voerde-Holthausen ist außerdem landwirtschaftlich geprägt und verfügt zudem über größere Waldflächen. Auch ein Kindergarten, eine Grundschule und ein Sportplatz sind nur wenige Meter entfernt. Die Schafweide wurde durch ein stromführendes Weidenetz mit einer Höhe von 105 cm eingezäunt und entsprach damit den Vorgaben des Landes NRW von mindestens 90 cm eines mobilen Wolfsschutzzaunes.
Aus diesem Grund hat sich die Mehrheit der im Stadtrat vertretenen Fraktionen dazu entschlossen, gemeinsam einen Brief an den Ministerpräsidenten Hendrik Wüst zu schreiben. Mit unterzeichnet haben: die SPD, die CDU, die WGV, die FDP und die UV.
Als Wildtier reißt der Wolf neben freilebenden Tieren auch immer wieder Weidetiere wie Rinder, Schafe und Ponys. Aus diesem Grund werden vom Land NRW Wolfsschutzmaßnahmen in Wolfs- und Streifgebieten (mit-)finanziert. Vor allem elektrifizierte Zäune sollen dabei einen wirkungsvollen Schutz für Weidetiere bieten.
Schutzmaßnahmen scheinen an ihre Grenzen zu stoßen
Diese Schutzmaßnahmen scheinen aktuell an ihre Grenzen zu stoßen. Zum wiederholten Male hat ein Wolf im Wolfsgebiet Schermbeck einen nach Maßgaben des Landes errichteten Zaun überwunden und auf diese Weise zuletzt in der Nacht auf den 13.03.2023 vier Schafe in Voerde gerissen. Fälle aus der benachbarten Gemeinde Hünxe oder der Stadt Dinslaken haben uns in den vergangenen Monaten aufhorchen lassen. Die Wahrscheinlichkeit wächst, dass Mensch und Wolf bald immer öfter aufeinandertreffen.
Im aktuellen Fall des Übergriffs ist zu vermuten, dass der Wolf aus den Wäldern entlang der B8 heraus eine Route durch die Wohnsiedlung entlang der Rönskenstraße, vorbei an Wohnhäusern, landwirtschaftlichen Betrieben, einer Grundschule, dem Sportzentrum und einem Kindergarten bis zur Schafweide genommen hat.
Durch die Tatsache, dass es sich hierbei wiederholt um eine Schafweide mit einem fachgerecht errichteten Wolfsschutzzaun handelt und der Übergriff im unmittelbaren Siedlungsbereich stattgefunden hat, ist für die unterzeichnenden Fraktionen im Rat der Stadt Voerde eine neue Faktenlage geschaffen und eine rote Linie überschritten worden.
Vor diesem Hintergrund fragen wir den Ministerpräsidenten:
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- Der Wolf hält sich nicht mehr im entlegenen Waldgebiet auf, sondern im direkten Siedlungsbereich. Wie möchte die Landesregierung verhindern, dass sich der Wolf zunehmend in Wohngebieten aufhält und so die Scheu vor dem Menschen verliert?
- Die bestehenden Vorgaben, um die Weidetiere zu schützen, stellen sich zunehmend als nicht wirksam heraus. Auch immer höhere Zäune reichen offensichtlich nicht aus. Was sollen die Weidetierhalter Ihrer Meinung nach tun, um ihre Tiere zu schützen?
Bei allem Verständnis für die Schutzwürdigkeit des Wolfes ist eine rote Linie überschritten worden. Der Schutz des Wolfes darf nicht weiterhin über den Schutz von Menschen und Weidetieren gestellt werden. Wenn der Wolf durch das Wohngebiet streift, dann dürfen die Ängste und daraus resultierende Sorgen der Menschen nicht unbeachtet gelassen werden.
Wenn so genannte wolfsabweisende Zäune keinen verlässlichen und wirkungsvollen Schutz mehr bieten, sind Weidetiere nicht mehr vor dem Wolf zu schützen. Nehmen wir dies hin, bedeutet dies nicht nur das langsame Aussterben der Schaftierzucht am unteren Niederrhein mit allen negativen Folgen für Artenvielfalt und Deichpflege, sondern es drohen ebenso fatale Folgen für Kuh- und Rinderhalter sowie für Pferdezüchter.
Auch MdL René Schneider äußert sich
Schneider: Quik soll mit Faust auf den Tisch hauen, statt mit dem Finger auf andere zu zeigen
Verwundert zeigt sich der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und hiesige Landtagsabgeordnete René Schneider über die Forderungen seiner beiden CDU-Kolleginnen Quik und Weiß. Diese hatten gefordert, dass in Sachen Wolf nun endlich gehandelt werden müsse. „Wenn Zeit zum Handeln ist, frage ich mich, warum die CDU-geführte Landesregierung nichts tut. Das Zählen von Attacken und Wölfen allein reicht längst nicht mehr aus. Die Wirksamkeit des Weidetierschutzes muss verbessert und die Möglichkeiten der Wolfsverordnung auch genutzt werden. Der Umweltminister kann eine Vergrämung anordnen, also das Verscheuchen von Wölfen, die Siedlungen zu nahe kommen. Und seine Möglichkeiten reichen bis zur Entnahme von Wölfen“, erklärt Schneider.
Die neuerliche Einlassung seiner CDU-Kollegin Charlotte Quik hält er deshalb für wenig zielführend. „Zu Hause im Wahlkreis zeigt sie immer mit dem Finger auf andere, statt in Düsseldorf mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen“, so der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, der erst am vergangenen Mittwoch Umweltminister Oliver Krischer zu den aktuellen Vorfällen im Ausschuss befragen konnte. „Seine Signale stehen jedoch ganz klar auf Abwarten“, berichtet Schneider. Nach Krischers Worten habe sich die Situation vor Ort entspannt, weil die Risszahlen seit langem rückläufig seien. Auch stehe nicht fest, dass es sich bei den beiden aktuellen Vorfällen überhaupt um das Werk eines Wolfes handele. Hier wolle man zunächst mal die Untersuchungen abwarten. „Konkret habe ich den Minister gefragt, ob er über eine Vergrämung des Wolfes nachdenke. Selbst dazu wollte er sich nicht festlegen“, so Schneider weiter. Hier gebe es noch eine Menge Überzeugungsarbeit zu leisten, meint der SPD-Politiker und empfiehlt seinen Kolleginnen, lieber an dieser Stelle anzusetzen statt sich in vollmundigen Erklärungen zu verlieren, die vor Ort niemandem helfen.
Weiterführende Informationen:
Hier findest ihr den Fraktionsübergreifenden Brief im Original: Brief an MP Hendrik Wüst