Wir müssen uns in unserer Demokratie auseinandersetzen und argumentieren, um die beste Lösung für unser Gemeinwesen zu finden. Es scheint mir in den letzten Wochen aber zunehmend aus dem Blick geraten zu sein, dass diese Auseinandersetzungen nur dann zum gemeinsamen Erfolg führen, wenn sie auf sachlich klarer Grundlage und unter Berücksichtigung der Fakten geführt werden.
Meinungen und Ansichten dürfen in der Diskussion nicht die Tatsachen und Sachzusammenhänge ersetzen.
Wir brauchen eine Versachlichung der Diskussion. Die Vereinfachung des komplexen Themas wird der Situation nicht gerecht. Das lautsprecherische Verhalten einiger Beteiligter und das bewusste oder fahrlässige Verschweigen von Fakten und Sachzusammenhängen ist nicht hilfreich. Irreführende oder verkürzte Informationen mögen dazu führen, dass man Anhänger für die eigene Meinung findet. Für die demokratische Kultur und auch für die Entwicklung, zum größtmöglichen Wohl aller Bürger und unseres Stadtgebietes, ist das verheerend schlecht.
Unbedachtes Handeln kann, vor dem Hintergrund des geltenden Planungsrechtes, in der Folge zu großen Schäden an der Natur und der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Stadt führen!
Ich bin froh, dass die Fraktion meiner Partei im Stadtrat alle Aspekte der Diskussion um die Entwicklung des Gebietes im Lippemündungsraum prüft und seit Monaten einen umfassenden Informations- und Meinungsbildungsprozess durchläuft. Dabei bin ich dankbar, dass die ausnahmslos ehrenamtlich tätigen Fraktionsmitglieder und insbesondere die Fachpolitiker um Ulrich Neßbach sich mit großem Engagement und dem Blick auf unsere gesamte Stadt mit diesem Thema beschäftigen. Eigene wirtschaftliche oder ähnlich gelagerte Interessen von Entscheidungen, in die eine oder andere Richtung, gibt es für die Mitglieder der SPD-Fraktion hier nicht.
Die Erhaltung und Entwicklung eines möglichst intakten Naturraums ist ein Ziel, das für die SPD in Voerde höchste Priorität hat.
Rund um unser Stadtgebiet nehmen wir wahr, dass Naturräume durch menschliche Eingriffe unter Druck geraten. Das gilt beispielsweise für die riesigen Gewerbeansiedlungen auf Weseler Gebiet des Lippemündungsraumes, wie auch für die Auskiesung an der nördlichen Stadtgrenze und den innerstädtischen Flächenverbrauch. Mit vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern sind wir da der Meinung – schön ist das nicht. Und doch darf man es nicht bei dem oberflächlichen Blick belassen. Jeder Flächenverbrauch wird geprüft und es werden gegebenenfalls Kompensationsmaßnahmen erforderlich, die auch gesetzlich vorgeschrieben sind. Das gutsherrenartige „… wir machen das einfach mal“ gibt es – glücklicherweise – nicht.
Wir erleben, dass überall in Voerde und um Voerde herum Logistikflächen entstehen. Logistik hat keinen guten Ruf. Verstopfte Straßen, enormer Flächenverbrauch, wenig qualifizierte Arbeitsplätze, keine nachhaltige Wertschöpfung etc. Einiges davon muss man relativieren. Auch in Logistikhallen findet zum Teil erhebliche Wertschöpfung, mit guten Arbeitsplätzen und ordentlicher Gewerbesteuer, statt. Das lässt sich belegen. Wer Anderes behauptet, verdreht die Tatsachen. Und doch müssen wir uns mal ehrlich machen, warum es diesen vermeintlichen Bedarf an Logistikflächen gibt:
Wir erwarten von unserer Wirtschaft die allzeitige Verfügbarkeit aller Waren. Das gilt für alle Artikel des täglichen Bedarfes, von der Jeans bis zur Blutdrucktablette. Das organisieren Produktionsbetriebe, Logistiker, Investoren etc. Die Ansiedlungsbegehren im Hafen Emmelsum sind Folge dieser Art zu wirtschaften. Die Unterbrechung der Lieferketten durch die Pandemie oder durch die Schiffshavarie im Suezkanal oder durch den ausgeweiteten Ukraine Krieg hat jeder wohl wahrnehmen können. Bestimmte Güter stehen nicht in der gewünschten und gewohnten Weise zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund müssen wir auch die Entwicklung des Hafengebietes in Emmelsum sehen. Alle Güter, die über Schiff oder Schiene transportiert werden, entlasten unsere Straßen. Und es ist fast schon eine banale Weisheit: Nur wenn wir uns als Gesellschaft darauf verständigen, dass wir weniger/anders konsumieren, brauchen wir weniger Fläche, um diesen Konsum mit Produktion und Logistik zu organisieren.
Das Planungsrecht spielt im Hinblick auf die verschiedenen Instanzen (Bundesplanung, Landesplanung, Regionalplanung, Kommunale Planung), in dem gesamten Verfahren, eine besondere Rolle. Es ist mühselig und trocken sich damit zu beschäftigen – geht aber nicht anders.
Die aktuelle planungsrechtliche Situation kann zu erheblichen Veränderungen im Landschaftsbild führen. Landesplanung und Regionalplanung weisen das betroffene Areal als landesbedeutsame Hafenfläche, also eine vorrangig für Logistik vorzuhaltende Fläche, aus – mit breiter Zustimmung aller Fraktionen im Rat der Stadt Voerde! Wer das jetzt verteufelt, ist unehrlich. Nahezu die gesamte Fläche rund um die Trimet Aluhütte könnte schon jetzt nach dem bestehenden Bebauungsplan von den jeweiligen Flächeneigentümern – ohne jemanden um Erlaubnis zu fragen – für gewerbliche Zwecke komplett freigeräumt werden – zwar ohne großflächig Gebäude zu errichten, aber mit kompletter Flächenversiegelung und ohne einen entsprechenden Ausgleich! Das geht weit über die „Greenfield Fläche“ hinaus.
Es würden tausende Bäume gefällt werden können, ohne dass es einer besonderen Erlaubnis bedürfe. Es muss Gegenstand unserer Bemühungen sein dieses gegenwärtig ad hoc mögliche Szenario nicht Wirklichkeit werden zu lassen – dafür steht die SPD in Voerde.
Ein neuer Bebauungsplan, der die vorhandenen wertvolleren Flächenanteile dauerhaft schützt, könnte ein sinnvoller Ansatz sein, der am Ende für alle Seiten die weitaus bessere Lösung darstellt. Eine totale Verweigerungshaltung kann am Ende einen erheblichen Schaden für unsere Stadt anrichten.
Im Hinblick auf das Ansiedlungsbegehren der Firma Greenfield auf dem Gelände an der Weseler Straße muss man sich nun die bisher bekannten Fakten genau ansehen. Darüber hinaus werden die Präsentationen der Stadtverwaltung und des potenziellen Inverstors im Stadtentwicklungsausschuss am kommenden Dienstag für einen erheblichen Wissenszuwachs sorgen. Das hilft, um zu einer guten Diskussion mit einem guten Ergebnis zu kommen. Ich hoffe auf eine sachorientierte Besprechung und eine „Polemik freie Zone“.
Wir brauchen
- mehr faktenbasierte Information
- kein ideologiegetriebenes Meinungspalaver,
- keine parteitaktischen Spielchen,
- eine Diskussion frei von Drohgebärden
- eine gemeinsame Kraftanstrengung für Wirtschaft und Umwelt in unserer Stadt
Stefan Weltgen
Vorsitzender SPD Ortsverein Voerde