Stellungnahme zum städtischen Haushalt 2021

Bedingt durch die Corona-Pandemie haben sich die Fraktionen im Stadtrat darauf geeinig, in der heutigen Stadtratssitzung, auf die Haushaltsreden zu verzichten und so den zeitlichen Umfang der Ratssitzung möglichst gering zu halten.

Stellungnahme zum städtischen Haushalt 2021

In der aktuellen Corona-Zeit rücken der städtische Haushalt und damit die traditionellen Haushaltsberatungen nahezu in den Hintergrund. Zu sehr drücken die dunklen Wolken der durch Corona bedingten Finanzausfälle die Stimmung und schwören uns auf stürmische Zeiten ein. Allein in 2021 betragen die erwarteten Ausfälle rund 7 Mio. €!

Gerade zu Beginn der Woche haben die Städte und Gemeinden in NRW auf die schwerwiegenden Folgen hingewiesen, wenn Bund und Land keine massiven Stützungsprogramme auflegen sollten.

Zwar erhielten die Kommunen für 2020 einen Ausgleich der ausgefallenen Gewerbesteuererträge, eine der wesentlichen Coronaschäden im städtischen Haushalt. Ansonsten werden die Haushalte 2020 ff. aber nur mit Hilfe eines „Buchungstricks“ ausgeglichen. Das sog. „NKF-COVID-19-Isolierungsgesetz NRW“ gibt den Kommunen vor, die coronabedingten Verluste bilanziell zu neutralisieren und sie über bis zu 50 Jahre abzuschreiben. Unterm Strich werden damit die Coronaschäden auf die nächsten 50 Jahre verteilt!

Dabei hat der Haushalt 2021 der Stadt Voerde eine inhaltliche Auseinandersetzung mehr als verdient, denn er ist – lässt man Corona außen vor – solide aufgestellt und weist erstmals auch in der Planung ein positives Jahresergebnis aus, nachdem bereits in den Jahren 2018 und 2019 positive Jahresabschlüsse bei noch negativer Planung erzielt werden konnten.

Die konsequente und sparsame Haushaltspolitik sowie die Umsetzung nahezu aller Konsolidierungsmaßnahmen der letzten Jahre tragen ihre Früchte. Voerde kann damit in diesem Jahr endlich die über viele Jahre bestehende Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes hinter sich lassen.

Trotz der weiterhin strengen Ausgabendisziplin setzt der Haushalt 2021 an der richtigen Stelle seine Schwerpunkte und Akzente. Auf die wichtigsten Wollen wir in der gebotenen Kürze eingehen:

Stellenplan / Personal

Wie viele andere Kommunen im Land vollzieht die Verwaltung mit dem Stellenplan 2021 einen wichtigen Schritt und wandelt bisher befriste vorgehaltene Stellen dort in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse um, wo sich ein dauerhafter Personalbedarf zeigt. Den Beschäftigten wird somit eine langfristige Perspektive in der Verwaltung Voerde gegeben – ein wichtiges Instrument der Personalerhaltung in Zeiten sich stetig verknappender Angebote auf dem Arbeitsmarkt.

Echte Aufgabenmehrungen liegen in der dringend benötigten Bereitstellung von Personal für einen zweiten City-Cleaner zur Verbesserung des Sauberkeitszustandes im öffentlichen Bereich, in der Ausweitung der Fachberatung Kita um ½ Stelle sowie in der Verstärkung des Gebäudemanagements, um die vielen anstehenden Investitionsmaßnahmen personell auch umsetzen zu können.

Daneben folgt eine Ausweitung im Kita-Stellenplan immer den gesetzlichen rechnerischen Vorgaben aus dem KiBiz.

Bereiche Jugend und Bildung

Der Ausbau der Betreuungsplätze in den KiTas gestaltet sich sehr erfreulich. In Voerde bauen wir auf dem Gelände der Astrid-Lindgren-Schule und auf dem Kirchengelände an der Grünstraße zwei neue viergruppige Kindergärten. Gerade im Hinblick auf eine familienfreundliche Stadt und auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind daszukunftsgerichtete Investitionen. Bis zur Fertigstellung beider Kitas stehen am Gymnasium Voerde zwei sogenannte Interims-Kitas zur Verfügung. Damit, ergänzt um die Angebote der Tagespflege, setzt die Verwaltung den Rechtsanspruch der Eltern auf einen Betreuungsplatz um.

Voerde bleibt damit vorne im Bereich der frühkindlichen Bildung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die Schwerpunkte der Investitionen im Jugendbereich setzen sich auch in der Umsetzung des Spielflächenbedarfsplans fort. Hier wird Zug um Zug der Sanierungsstau vergangener Jahre aufgeholt: vorhandene Plätze werden ertüchtigt, neue Plätze werden gebaut – wie bereits am Sportplatz Tannenbusch geschehen soll auch am Haus Voerde ein neuer Platz errichtet werden.

Beste Bildung braucht unter anderem moderne Bildungsstätten. Was lange währt, wird endlich gut!

Wir warten voller Vorfreude auf die Fertigstellung der Sanierung der Comenius-Gesamtschule in diesem Jahr. Ein modernes und frisches Schulkonzept findet dann Raum in einem ebenso modernen und frischen Schulgebäude.

Neben diesem größten Investitionsprojekt seit vielen Jahren muss die Stadt Voerde auch in den kommenden Jahren erheblich in unsere Schulen investieren.

Für den anstehenden Umzug der Otto-Willmann-Schule hat die SPD eine Überprüfung der Zügigkeit beantragt und ist mit dem Ergebnis der zukünftigen Vierzügigkeit bestätigt worden. Bekanntlich soll die Otto-Willmann-Schule u.a. den zu sanierenden Altbautrakt der Realschule nutzen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Sanierung von Altgebäuden begrüßen wir das Vorgehen der Verwaltung, den Altbaubestand vor der Sanierung gründlich zu untersuchen und auf der Basis noch einmal kritisch die Frage der Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu einem Neubau zu stellen.

Im letzten Schulausschuss ist u.a. die Schulentwicklungsplanung für die kommenden Jahre in Voerde vorgestellt worden. Der sich hieraus ergebende Handlungsbedarf, insbesondere auch im Hinblick auf die geplante Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen OGS-Platz ab dem Jahr 2025 hat uns dazu bewogen, die Verwaltung in der heutigen Ratssitzung zu bitten, eine Schulraumentwicklungsplanung auf den Weg zu bringen, die uns die hierfür dringend benötigten Raumbedarfe aufzeigt und die Grundlage für etwaige weitere Investitionsmaßnahmen darstellt.

In dem zielgerichteten Einsatz der Fördermittel im Bildungsbereich steht die Verwaltung im Schulterschluss mit den Schulen. Jeder Euro aus dem Programm “Gute Schule 2020“ sowie aus dem Digitalpakt wird sinnvoll und zeitnah investiert. Wir nehmen wahr, dass die Mittel so zeitnah wie möglich in Anspruch genommen werden und damit die Schullandschaft in Voerde deutlich gestärkt wird. Damit der verstärkte Medieneinsatz auch dauerhaft Nutzen stiftet hat die Verwaltung bereits einen zweiten IT-Betreuer eingesetzt.  

Ein weiteres Kernthema unserer Bildungspolitik ist die Aufstellung eines Medienentwicklungskonzeptes für unsere Schülerinnen und Schüler, das wir heute mit unserem Antrag im Stadtrat auf den Weg gebracht haben. Die Coronapandemiehat die Wichtigkeit und die Dringlichkeit der Digitalisierung verdeutlicht. Hier reicht es nicht aus, in der Krise immer wieder mobile Endgeräte für die Schulen bzw. Schülerinnen und Schüler anzuschaffen, wenn nicht hinterlegt ist, wo langfristig die digitale Reise hingehen soll. Wir müssen die Digitalisierung als unsere Aufgabe begreifen, um nicht nur beste Bildung zu garantieren, sondern auch um auf lange Sicht den Wirtschaftsstandort Voerde durch gut ausgebildete Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung: „Keine Bildung“ (John F. Kennedy)

Bei all diesem Denken und Handeln für die Jugend in unserer Stadt steht auch die Stärkung ihrer Mitwirkung im Fokus. Wir finden es wichtig, dass auch die jüngeren Bürgerinnen und Bürger ein Mitspracherecht über die Gestaltung ihres Lebensumfeldes haben. Mit der durch uns initiierten Einführung eines Jugendbeirates ist dafür ein erster wichtiger Schritt getan.

Situation älterer Menschen in Voerde

Eine gute Zukunft gestalten – das bedeutet in der Sozialpolitik, dass wir Strukturen und Angebote in die Zukunft führen, sie weiterentwickeln und ausbauen. Damit alle Menschen im Alter auch in Zukunft die Hilfe erhalten, die sie brauchen. Damit alle Menschen in Würde alt werden nnen – so selbstbestimmt wie möglich und so unterstützt wie nötig. Egal wo sie wohnen. Und egal wie viel Geld sie haben. Die Angebote für Seniorinnen und Senioren ohne konkreten Unterstützungsbedarf, für pflegebedürftige Menschen und für Menschen mit Einschränkungen müssen für all ihre unterschiedlichen Bedürfnisse – möglichst im Quartier – vorhanden sein.

Wir sind sehr froh, dass der von der SPD Voerde aufgezeigte Bedarf nach einer besseren Begleitung gegen die Vereinsamung vom Caritasverband aufgegriffen wurde und Fördermittel akquiriert werden konnten. Unter dem Motto „Zusammen und nicht allein“ wird ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Teilhabe älterer Menschen getan.

Investitionen im Sportbereich

Auch hier können sich die Investitionen der letzten Jahre sehen lassen. Sporthallen wurden und werden weiterhin saniert, neben der geförderten Sportanlage am Tannenbusch und der Anlage des SV Spellen erhält nun auch der TV Voerde dank entsprechender Fördermittel einen Kunstrasenplatz.  

Wie geht es weiter in der Voerder Bäderlandschaft?

Völlig unstrittig ist, dass beide Bäder – Freibad und Hallenbad – ordentlich betriebsbereit gehalten werden müssen, bis das Kombibad fertiggestellt sein wird. Die Verwaltung hat dafür die entsprechenden Haushaltsmittel eingeplant. Die Aktivitäten für das neue Kombibad an der Allee werden ohne Verzögerungen weiter vorangetrieben, damit ein Planungsstand zur Formulierung von Förderanträgen erreicht wird. So könnte im Falle entsprechender Förderprogramme schnell reagiert und die Umsetzbarkeit des Vorhabens beschleunigt werden.

Bauleitplanungen zur Schaffung von Wohnraum und Gewerbeflächen

Voerde benötigt dringend zusätzliche Flächen für eine familienfreundliche Wohnbebauung. Verschiedene Bebauungspläne dafür sind bereits in der Erarbeitung (Am Dreieck und Heidestraße in Friedrichsfeld, Rönskenfeld in Voerde, Fläche der ehem. Gärtnerei in Spellen). Das reicht aber bei Weitem nicht aus.

Wir müssen daher zum einen bereits jetzt bebaubare Flächen, die nicht im städtischen Eigentum liegen, verfügbar machen.

Zum anderen sehen wir die dringende Notwendigkeit, auch auf dem ehem. Kraftwerksgelände anteiliges Wohnen zu ermöglichen. Im engen Schulterschluss mit den anderen Fraktionen im Rat werden wir uns dafür gegenüber dem Regionalverband Ruhr einsetzen.

Wir hoffen, dass wir hierzu mit dem RVR eine einvernehmliche Lösung erzielen können, die dann auf der Grundlage gesicherter Zusagen zulässt, dass die Stadt Voerde das erforderliche Bauleitplanverfahren für die Entwicklung der anteiligen Gewerbefläche zeitnah einleiten kann.

Straßensanierung

Dringend notwendige Straßensanierungen im Stadtgebiet stehen an. Leider ist das Land NRW dem Ansinnen vieler Bürgerinnen und Bürger und vieler politischer Kräfte in den Räten in ganz NRW nicht gefolgt und hat die Beitragspflicht für die Anlieger bei Straßensanierungen nicht aufgehoben. Stattdessen wurde der Beitrag lediglich halbiert, ohne dass die Kommunen damit eine Planungssicherheit erhalten.

So wartet die Stadt Voerde immer noch auf die Förderzusage für den Ausbau der Alten Hünxer Straße.

Für die Rönskenstraße und die Bahnhofstraße sind Mittel zu ersten Sanierungsplanungen in den Haushalt aufgenommen.

Sie sehen, trotz des „Corona-Haushaltes“ tut sich eine Menge in unserer Stadt. Dies alles geschieht unter strenger Beachtung unserer finanziellen Leistungsfähigkeit – wenn nur Corona nicht solche langfristigen Belastungen mit sich bringen würde.

Die von uns seit Jahren vehement geforderte auskömmliche Finanzausstattung für die uns auferlegten gesetzliche Pflichtaufgaben durch Bund und Land wird durch die Coronakrise auf dramatische Weise verstärkt.

  • Auch wenn Voerde den Bereich positiver Jahresabschlüsse erreicht hat, ist damit noch lange keine nachhaltige auskömmliche und gerechte Finanzausstattung verbunden. Dies wäre erst dann der Fall, wenn sich die Hebesätze in der Grundsteuer B und Gewerbesteuer auf dem Niveau der Region bzw. im Landesdurchschnitt bewegen könnten.
  • Die Landesregierung konnte sich nicht dazu durchringen, einen wesentlichen Baustein ihres Koalitionsvertrages, nämlich die Lösung des Altschuldenproblems und damit verbunden die auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen, umzusetzen. Wenn zu diesen Schulden nun die Coronaschulden dazukommen, wird den Kommunen bald die Luft abgeschnürt und alle Konsolidierungserfolge der letzten Jahre in Voerde verdampfen wie auf dem heißen Stein.
  • Daher fordern wir weiter mit aller Vehemenz und hoffentlich weiterhin im Schulterschluss aller Fraktionen im Rat der Stadt Voerde, dass sich das Land endlich seiner Verantwortung für seine Kommunen stellt und das Thema anpackt. Und auch gegen den Bund erheben wir diese Forderung, denn es ist nachvollziehbar, dass bei der Last, die die Kommunen durch Bundesaufgaben zu tragen haben, ein wesentlicher Beitrag zur auskömmlichen Finanzierung und zur Lösung des Altschuldenproblems kommen muss. Immerhin bekräftigt der Bundesfinanzminister bei der Frage der Altschulden bereits seit längerer Zeit die Mitverantwortung des Bundes!

Die Stellungnahme im Original kann hier abgerufen werden: Stellungnahme zum städtischen Haushalt 2021